Die Landesdelegiertenkonferenz der Jusos Sachsen-Anhalt möge beschließen:
Wir fordern, dass eine systematische Erfassung von Waffen jeglicher Art und ihren Besitzer*innen stattfindet. Außerdem fordern wir eine regelmäßige und umfangreiche Kontrolle aller Waffen und derer Besitzer*innen. Dafür benötigt es eine bundesweit einheitliche Regelung, um die bisherige alleinige Verantwortung der Bundesländer für Waffenkontrollen abzulösen. Weiterhin, ist es besonders wichtig, dass auch Vereine, in denen Sportschießen ausgeübt wird, regelmäßig kontrolliert werden, damit Scheinmitgliedschaften unterbunden werden können.
Dabei muss auch bestehendes Waffenrecht tatsächlich kontrolliert und bei Vorfällen und Verstößen auch zukünftig durchgegriffen werden. Vorfälle wie der im Saalekreis, wo es trotz mehrfacher Warnungen an die Waffenbehörde trotzdem zu einem Feminizid kam, dürfen sich nicht wiederholen. Dazu muss die Kontrolldichte und Abstimmung zwischen Gefahrenabwehr- und Waffenbehörden verstärkt werden und eine maximale Frist zwischen Kontrollen eingeführt werden. Außerdem fordern wir ein Verbot von halbautomatischen Waffen und Kurzwaffen bei Waffenbesitzer*innen.
Auch muss eine umgekehrte Genehmigungsfiktion zulasten des Waffenbesitzrechts verankert werden, heißt: Bei Hinweisen durch Sicherheitsbehörden, die eine Zuverlässigkeit hinterfragen, gilt die Erlaubnis automatisch und sofort als widerrufen, bis die Waffenbehörde den Fall untersuchen kann.
Deutschlands Bürger*innen rüsten auf: Im Jahr 2022 gab es in Deutschland 5.030.208 Waffen im privaten Besitz von 946.495 private Besitzer*innen von Waffen oder Waffenteilen. Im Jahr 2015, neuere Zahlen sind leider nicht zugänglich, besaßen 53 von 1000 Einwohner*innen in Sachsen-Anhalt eine erlaubnispflichtige Waffe, was lediglich das untere Ende der Liste von Bundesländern bedeutet. Der Trend zeichnet sowohl einen klaren Anstieg der Nachfrage nach dem kleinen Waffenschein, der zum Führen von Signal-, Reizund Schreckschusswaffen ist, als auch die Nachfrage nach scharfen Schusswaffen, ab. Motive für diese steigende Nachfrage zwar nicht ausreichend erforscht, jedoch wird Selbstverteidigung oft als Argument genannt. Fakt ist, dass von rechts immer wieder Angst geschürt wird und den Bürger*innen suggeriert, dass Selbstverteidigung notwendig ist. Insbesondere das Narrativ der „kriminellen Geflüchteten“ wird seit Jahren befeuert und so beispielsweise die Entstehung von „Bürgerwehren“ erwirkt. Besonders esorgniserregend ist der Anstieg von Rechtsextremist*innen, die im Besitz von Waffen sind.
Laut Recherchen des Report Mainz 2022 würde es 41,2 Jahre dauern, bis alle Waffenbesitzer*innen in Deutschland kontrolliert wurden. Das ist eindeutig zu lange und zeugt von einem sehr nachlässigen Umgang mit der Kontrolle von Waffenbesitzer*innen in den vergangenen Jahren. Insbesondere mit dem Wissen von bewaffneten Rechtsextremist*innen und Reichsbürger*innen, denn deutschlandweit haben nach neuesten Zahlen 528 Reichsbürger*innen eine Waffenerlaubnis. Nach dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes im Februar 2020 ist innerhalb eines Jahres die Zahl bewaffneter Rechtsextremist*innen um ein Drittel auf 1200 gestiegen.. Es stellt sich die Frage, ob trotz des hohen Risikos, Rechte und Menschenfeind*innen sich weiterhin legal in Deutschland bewaffnen können, oder ob aufgrund von gestiegener Kontrollen, mehr rechtsextreme Waffenbesitzer*innen aufgedeckt wurden.
Es ist definitiv festzustellen, dass der Schutz vor rechtsextremen Waffenbesitzer*innen vernachlässigt wurde. So konnte der als Mitangeklagter im Lübcke-Prozess freigesprochene Markus H. 2012 eine Waffenbesitzkarte beantragen, weil der hessische Verfassungsschutz Informationen über seine rechtsextremen Tätigkeiten nicht an die zuständige Behörde weitergeleitet hatte. Außerdem wurde die sehr waffenaffine Reichsbürger*innenszene zu lange unterschätzt und erst nachdem 2016 ein Reichsbürger in Bayern einen Polizisten erschossen hatte, wurde die Entwaffnung der Szene vom bayerischen Innenminister Joachim Herrmann gefordert. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, warum Menschen, die als rechtsextrem oder als Reichsbürger*in gelten, überhaupt noch bewaffnet sein dürfen. Denn es ist klar, dass nicht alle Menschen, die Waffen besitzen dies aus Technikinteresse tun oder Sportschütz*innen sind. Aus dem Anstieg von Waffen in Privathaushalten geht eine erhöhte Missbrauchsgefahr hervor, auch die Gewerkschaft der Polizei weist auf ein Sicherheitsrisiko hin.
Ein weiteres Problem der Waffenlage in Deutschland ist das Nutzen einer Mitgliedschaft in Schütz*innenvereinen, um an Waffen zu kommen. Solch eine Scheinmitgliedschaft kann oftmals jedoch nur dann aufgedeckt werden, wenn Mitglieder des Schütz*innenvereins diese Auffälligkeit den Behörden melden; es wird sich also auch hier auf potenzielle Waffenfanatiker*innen verlassen, anstatt nachhaltige Sicherheitsmechanismen zu etablieren. Ein weiteres Problem neben den unzureichenden Waffenkontrollen sind die scharfen Waffen, die stetig aus privatem Besitz verschwinden. Aktuell gelten 36.000 scharfe Waffen als verschwunden, 7000 davon sind als gestohlen gemeldet. Auf diesem Wege wandern legale Waffen in illegale Bereiche und Menschen, die keinen Zugang zu Waffen haben sollten, haben Zugang dadurch.
Dieses herrschende Sicherheitsrisiko, das vor allem eine Lücke für rechtsextreme Täter*innen schafft, muss unbedingt behoben werden! Aufrüstung stoppen, rechtsextreme Angriffe verhindern!
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|
abgelehnt | ÄIn6-2 | 4-6 | Streichung des Satzes “Dafür benötigt es eine bundesweit einheitliche Regelung, um die bisherige alleinige Verantwortung der Bundesländer für Waffenkontrollen abzulösen.” | Änderungsantrag (PDF) | |
angenommen | ÄIn6-1 | Weiterleitung hinzufügen: SPD Bundesparteitag | Änderungsantrag (PDF) |
Wir fordern, dass eine systematische Erfassung von Waffen jeglicher Art und ihren Besitzer*innen stattfindet. Außerdem fordern wir eine regelmäßige und umfangreiche Kontrolle aller Waffen und derer Besitzer*innen. Dafür benötigt es eine bundesweit einheitliche Regelung, um die bisherige alleinige Verantwortung der Bundesländer für Waffenkontrollen abzulösen. Weiterhin, ist es besonders wichtig, dass auch Vereine, in denen Sportschießen ausgeübt wird, regelmäßig kontrolliert werden, damit Scheinmitgliedschaften unterbunden werden können.
Dabei muss auch bestehendes Waffenrecht tatsächlich kontrolliert und bei Vorfällen und Verstößen auch zukünftig durchgegriffen werden. Vorfälle wie der im Saalekreis, wo es trotz mehrfacher Warnungen an die Waffenbehörde trotzdem zu einem Feminizid kam, dürfen sich nicht wiederholen. Dazu muss die Kontrolldichte und Abstimmung zwischen Gefahrenabwehr- und Waffenbehörden verstärkt werden und eine maximale Frist zwischen Kontrollen eingeführt werden. Außerdem fordern wir ein Verbot von halbautomatischen Waffen und Kurzwaffen bei Waffenbesitzer*innen.
Auch muss eine umgekehrte Genehmigungsfiktion zulasten des Waffenbesitzrechts verankert werden, heißt: Bei Hinweisen durch Sicherheitsbehörden, die eine Zuverlässigkeit hinterfragen, gilt die Erlaubnis automatisch und sofort als widerrufen, bis die Waffenbehörde den Fall untersuchen kann.